BISMILLAH-IR-RAHMAN-IR-RAHIM
Was man mit der Zunge anrichten kann und wie man richtig damit umgeht
عَنْ سَهْلِ بْنِ سَعْدٍ: عَنْ رَسُولِ اللَّهِ صَلَّى اللَّهُ عَلَيْهِ وَسَلَّمَ قَالَ: مَنْ يَضْمَنْ لِي مَا بَيْنَ لَحْيَيْهِ وَمَا بَيْنَ رِجْلَيْهِ أَضْمَنْ لَهُ الْجَنَّةَ
Sahl Ibn Sa’d berichtete, dass der Gesandte Allahs (Allahs Segen und Friede auf ihm) sagte: „Wer mir für das garantiert, was sich zwischen seinen beiden Kiefern und seinen beiden Beinen befindet, dem garantiere ich das Paradies“.
(Buchari 6474)
Was sich zwischen den beiden Kiefern befindet, ist die Zunge und was sich zwischen den beiden Beinen befindet, sind die Geschlechtsteile und die Garantie des Menschen bezieht sich auf den legalen Gebrauch dieser Körperteile.
Das Üble, was man mit seiner Zunge anrichten kann, ist vielfältig. Und zumeist fühlt man innerlich Genugtuung, während man diese Sünden begeht.
In diesem Unterkapitel soll zunächst die Vorzüglichkeit des Schweigens – unter der Bedingung, dass es nicht Pflicht oder vorzüglich ist, in der Betreffenden Situation zu reden – angeführt werden. Danach sollen die verschiedenen Arten von Sünden behandelt werden, die ein Mensch mit seiner Zunge vollbringen kann.
Vorzüglichkeit des Schweigens
عَنْ أَبِي هُرَيْرَةَ قَالَ: قَالَ رَسُولُ اللَّهِ صَلَّى اللَّهُ عَلَيْهِ وَسَلَّمَ: مَنْ كَانَ يُؤْمِنُ بِاللَّهِ وَالْيَوْمِ الْآخِرِ فَلْيُكْرِمْ ضَيْفَهُ وَمَنْ كَانَ يُؤْمِنُ بِاللَّهِ وَالْيَوْمِ الْآخِرِ فَلَا يُؤْذِ جَارَهُ وَمَنْ كَانَ يُؤْمِنُ بِاللَّهِ وَالْيَوْمِ الْآخِرِ فَلْيَقُلْ خَيْرًا أَوْ لِيَصْمُتْ
Abu Huraira berichtete, dass der Gesandte Allahs (s.a.s.) gesagt hat:
„…Wer an Allah und den Jüngsten Tag glaubt, der soll entweder etwas Gutes sprechen oder aber schweigen…“
(Tirmidhi, Ibn Madscha, Abu Dawud 5154)
Wann hat man die Pflicht zu reden?
Der Muslim ist angehalten, zum Guten aufzufordern und Schlechtes, was er sieht, auch als Schlechtes anzuprangern. In solchen Fällen darf man nicht schweigen.
حَدَّثَنَا أَبُو بَكْرِ بْنُ أَبِي شَيْبَةَ حَدَّثَنَا وَكِيعٌ عَنْ سُفْيَانَ ح و حَدَّثَنَا مُحَمَّدُ بْنُ الْمُثَنَّى حَدَّثَنَا مُحَمَّدُ بْنُ جَعْفَرٍ حَدَّثَنَا شُعْبَةُ كِلَاهُمَا عَنْ قَيْسِ بْنِ مُسْلِمٍ عَنْ طَارِقِ بْنِ شِهَابٍ وَهَذَا حَدِيثُ أَبِي بَكْرٍ قَالَ
أَوَّلُ مَنْ بَدَأَ بِالْخُطْبَةِ يَوْمَ الْعِيدِ قَبْلَ الصَّلَاةِ مَرْوَانُ فَقَامَ إِلَيْهِ رَجُلٌ فَقَالَ الصَّلَاةُ قَبْلَ الْخُطْبَةِ فَقَالَ قَدْ تُرِكَ مَا هُنَالِكَ فَقَالَ أَبُو سَعِيدٍ أَمَّا هَذَا فَقَدْ قَضَى مَا عَلَيْهِ سَمِعْتُ رَسُولَ اللَّهِ صَلَّى اللَّهُ عَلَيْهِ وَسَلَّمَ يَقُولُ مَنْ رَأَى مِنْكُمْ مُنْكَرًا فَلْيُغَيِّرْهُ بِيَدِهِ فَإِنْ لَمْ يَسْتَطِعْ فَبِلِسَانِهِ فَإِنْ لَمْ يَسْتَطِعْ فَبِقَلْبِهِ وَذَلِكَ أَضْعَفُ الْإِيمَانِ
Abu Said sagte: „…Ich hörte den Gesandten Allahs (s.a.s.) sagen: „Wer von euch etwas Übles (arab. munkar ) sieht, der soll es mit der Hand ändern. Wenn man dies nicht kann, dann mit der Zunge, wenn man auch dies nicht kann, dann mit dem Herzen. Und dieses letztere ist der schwächste Iman.“
(Muslim 49)
Ahmad ibn Hanbal berichtet, dass der Gesandte Allahs (s.a.s.) gesagt hat:
„Allah bestraft nicht die Allgemeinheit für Taten, die einige Leute unter ihnen tun, bis dass solch ein Zustand erreicht ist, wo die Allgemeinheit das Schlechte unter sich sieht und es nicht ändert, obwohl sie es könnte. Wenn die Allgemeinheit so handelt, bestraft Allah sowohl die (wenigen) Leute, die das Schlechte tun, als auch die Allgemeinheit, die dazu schweigt.“
Übel, die man mit seiner Zunge anrichten kann
- Über etwas reden, was einen nichts angeht
- Über sündiges Verhalten plauschen
- Maßlos und völlig unbedacht reden
- Streitbare Diskussionen
- Ordinäres, vulgäres Reden
- Übertriebenes, ständiges Witzeln
- Sich über jemanden lustig machen und jemanden verspotten
- Ein Geheimnis ausplaudern, Lügen, Verabredungen nicht einhalten
- Üble Nachrede (arab. ghiba)
- Namīma: Streit säen zwischen zweien durch erzählen, was einer über den anderen gesagt hat und etwas aufdecken, was unerwünscht ist, dass man es aufdeckt
- Zwei Gesichter haben, indem man jedem von zweien, die sich streiten, vorgibt, dass man mit ihm sei
- Jemanden übertrieben loben
- Sich derartig falsch ausdrücken, dass ein Schaden entsteht
Im Folgenden sollen die angeführten Übel ausführlicher dargestellt werden:
Über etwas reden, was einen nichts angeht
عَنْ أَبِي هُرَيْرَةَ قَالَ: قَالَ رَسُولُ اللَّهِ صَلَّى اللَّهُ عَلَيْهِ وَسَلَّمَ: مِنْ حُسْنِ إِسْلَامِ الْمَرْءِ تَرْكُهُ مَا لَا يَعْنِيهِ
Abu Huraira berichtete, dass der Gesandte Allahs (s.a.s.) gesagt hat: „Zum guten Islam des Mannes gehört, dass er das lässt, was ihn nichts angeht“.
(Tirmidhi 2317/Ibn Madscha 3976/sahih)
Über sündiges Verhalten zur Unterhaltung reden
Hiermit ist gemeint, dass man über sündige Handlungen ausführlich zur Unterhaltung redet, so dass dem Zuhörer diese sündige Handlung ausgeschmückt wird. Gerade das tut ja der Teufel, um die Menschen zu den Sünden zu verführen.
و حَدَّثَنَاه مُحَمَّدُ بْنُ أَبِي عُمَرَ الْمَكِّيُّ حَدَّثَنَا عَبْدُ الْعَزِيزِ الدَّرَاوَرْدِيُّ عَنْ يَزِيدَ بْنِ الْهَادِ عَنْ مُحَمَّدِ بْنِ إِبْرَاهِيمَ عَنْ عِيسَى بْنِ طَلْحَةَ عَنْ أَبِي هُرَيْرَةَ
أَنَّ رَسُولَ اللَّهِ صَلَّى اللَّهُ عَلَيْهِ وَسَلَّمَ قَالَ إِنَّ الْعَبْدَ لَيَتَكَلَّمُ بِالْكَلِمَةِ مَا يَتَبَيَّنُ مَا فِيهَا يَهْوِي بِهَا فِي النَّارِ أَبْعَدَ مَا بَيْنَ الْمَشْرِقِ وَالْمَغْرِبِ
Abu Huraira berichtet, dass er den Gesandten Allahs (s.a.s.) Folgendes sagen hörte: „Wahrlich, der Mensch (wörtl. Diener) redet leichtsinnig etwas daher, was ihn tiefer ins Höllenfeuer stürzen lässt als die Entfernung zwischen Osten und Westen“.
(Buchari/Muslim 2988)
Erläuterungen zum Hadith von Imam Nawawi:
Nawawi sagt sinngemäß:
„Hiermit ist der Fall gemeint, dass ein Mensch etwas redet, ohne die schlechten Folgen des Redens zu beachten, und ohne die Auswirkungen zu fürchten, wie z. B. das Denunzieren bei einem Machthaber o. ä. oder eine Verleumdung. Alles, was für andere Muslime Schaden nach sich zieht o. ä. fällt darunter. Dieser Hadith ist eine Aufforderung, seine Zunge im Zaum zu halten, wie der Prophet (s.a.s.) auch in einem anderen Hadith gesagt hat: „Wer Iman an Allah und den Jüngsten Tag hat, der soll Gutes sprechen oder aber schweigen“. Jemand, der etwas reden will, soll vorher darüber nachdenken, was er aussprechen will. Wenn er zum Schluss kommt, dass sich durchs Reden ein Vorteil ergibt, soll er reden. Ansonsten soll er schweigen“.
Maßloses Reden
حَدَّثَنَا أَحْمَدُ بْنُ الْحَسَنِ بْنِ خِرَاشٍ الْبَغْدَادِيُّ حَدَّثَنَا حَبَّانُ بْنُ هِلَالٍ حَدَّثَنَا مُبَارَكُ بْنُ فَضَالَةَ حَدَّثَنِي عَبْدُ رَبِّهِ بْنُ سَعِيدٍ عَنْ مُحَمَّدِ بْنِ الْمُنْكَدِرِ عَنْ جَابِرٍ
أَنَّ رَسُولَ اللَّهِ صَلَّى اللَّهُ عَلَيْهِ وَسَلَّمَ قَالَ إِنَّ مِنْ أَحَبِّكُمْ إِلَيَّ وَأَقْرَبِكُمْ مِنِّي مَجْلِسًا يَوْمَ الْقِيَامَةِ أَحَاسِنَكُمْ أَخْلَاقًا وَإِنَّ أَبْغَضَكُمْ إِلَيَّ وَأَبْعَدَكُمْ مِنِّي مَجْلِسًا يَوْمَ الْقِيَامَةِ الثَّرْثَارُونَ وَالْمُتَشَدِّقُونَ وَالْمُتَفَيْهِقُونَ. قَالُوا: يَا رَسُولَ اللَّهِ قَدْ عَلِمْنَا الثَّرْثَارُونَ وَالْمُتَشَدِّقُونَ فَمَا الْمُتَفَيْهِقُونَ قَالَ: الْمُتَكَبِّرُونَ
Dschabir berichtet: „Der Gesandte Allahs (s.a.s.) hat gesagt: „Zu denen unter euch, die mir am liebsten sind, gehören die unter euch, die den besten Charakter haben, und deren Aufenthaltsort am Tag der Auferstehung wird am nächsten zu meinem Aufenthaltsort sein. Und diejenigen unter euch sind mir am verhasstesten und deren Aufenthaltsort am Tag der Auferstehung wird am entferntesten von meinem Aufenthaltsort sein, die quatschen (zuviel und Falsches reden), und die maßlos und unbedacht reden und…die Hochmütigen“.“
(Tirmidhi 2018/sahih)
Quelle: تزكية – Tazkija / Charakterreinigung – Wie man ein guter Mensch wird
Diese Buch basiert zumeist auf dem klassischen Werk Mukhtasar Minhādsch al-Qāsidīn von Ibn Qudama al-Maqdisi (651-689 n. H.).
Dieses ist eine Kurzfassung des Werkes Minhādsch al-Qāsidīn (Der Weg der Strebenden) von Ibn al-Dschauzi (510-594 n. H.), welches widerum eine Redigierung des Werks إحياء علوم الدين / Ihja’ Ulum ad-Din (Die Wiederbelebung der religiösen Wissenschaften) von Abu Hamid al-Ghazali (450-505 n. H.) ist.