BISMILLAH-IR-RAHMAN-IR-RAHIM
Shaikhul-Islam ibn Taymiyya, Haafith ibn al-Qayyim al-Jawziyya und die Ahl-Hadith im allgemeinen waren niemals undifferenziert bezüglich des Sufismus; jedoch waren sie beizeiten sehr herb (in der Kritik) und erklärten, „dass die wahre Haltung zum Sufismus, oder aller anderen Dinge (im Islam), nur im Einvernehmen mit Quran und Sunnah zu akzeptieren ist und was nicht damit übereinstimme abzulehnen sei.“ [Majmu Fatawa Shaykh al-Islam, Bnd.10, S.82]
Ibn Taymiyya wendet diesen Grundsatz der umsichtigen Kritik auf alle sufischen Ideen, Praktiken und Persönlichkeiten an.
Er trennte die Sufis in drei Kategorien:
In der ersten Kategorie von Sufis, welche er Mashaik al-Islam, Mashaikh al-Kitab wa al-Sunnah und A’imma al-Huda [Majmu’at al-Rasa’il wa al-Masa’il, Bnd.1, S.179, und Majmu Fatawa Shaikh al-Islam, Bnd.10, S.516-517 und Bnd.11, S.233] nannte, erwähnt er Fudayl ibn Iyad, Ibrahim ibn Adham, Shaqiq al-Balkhi, Abu Sulayman al-Darani, Maruf al-Karkhi, Bishr al-Hafi, Sari al-Saqati, al-Junayd ibn Muhammad, Sahl ibn AbdAllah al-Tustari und Amr ibn Uthman al-Makki.
Spätere Sufis, die er in dieser Kategorie erwähnte, waren: Abd al-Qadir al-Jilani, Shaikh Hammad al-Dabbas und Shaikh Abu al-Bayan. Diese Sufis, sagte ibn Taymiyya, waren niemals berauscht, verloren nie ihr Urteilsvermögen und sagten oder taten nie etwas gegensätzliches zu Quran und Sunnah. Ihr Leben und ihre Praxis waren immer konform mit der Sharia (mustaqim al-ahwal). [Majmu Fatawa Shaikh al-Islam, Bnd.10, S.516-517]
Die zweite Kategorie besteht aus solchen Sufis, welche Fana und Rausch (sukr) erfuhren, ihre Urteilskraft schwächten und daraufhin Worte ausprachen, welche sie später, als sie wieder nüchtern waren, als falsch erkannten [Majmu Fatawa Shaikh al-Islam, Bnd.10, S.220-221]. Einige von ihnen taten im Rauschzustand ebenfalls Sachen, welche die Sharia nicht gutheisst, aber früher oder später wurden sie wieder nüchtern und führten ein besseres Leben [Majmu Fatawa Shaikh al-Islam, Bnd.10, S.382+557]. In dieser Kategorie erwähnt ibn Taymiyya die Namen von Abu Yazid al-Bustami, Abu al-Husayn al-Nuri und Abu Bakr al-Shibli. Aber er verurteilte nur das, was sie in diesem Zustand (des Rausches) sagten oder taten und entschuldigte sie auf der Grundlage das sie während dessen betrunken (sukran) waren und die Kontrolle über den Verstand verloren hatten [Majmu’at al-Rasa’il wa al-Masa’il, Bnd.1, S.168; Majmu Fatawa Shaikh al-Islam, Bnd.10, S.382+557].
Seine (tatsächliche) Kritik richtete sich gegen die dritte Kategorie von Sufis, welche an Ideen und Lehren glaubten, die den grundlegenden islamischen Prinzipien widersprachen , oder die Praktiken einführten die von der Sharia verurteilt wurden.
Die dritte Kategorie der Sufis beinhaltet zwei Unterkategorien, ungeachtet ihrer Zugehörigkeit zu einer Tariqa. Die einen verehren andere als Allah, wie z.B. Propheten und Awliya [nahestehende Allahs], egal ob lebendig oder tot. Sie sagen „Yaa Jeelaani“, „Yaa Rifaa’i“ [also rufen ihre Awliya an] oder bitten „Oh Gesandter Allahs, hilf und beschütze uns“ oder „Oh Gesandter Allahs von dir sind wir abhängig“ usw.
Die anderen glauben an die Lehre von wahdat al-wujud [Einigkeit aller Existenz]. Sie vertreten nicht die Idee eines Schöpfers und Seiner Schöpfung, sondern sie sagen, dass ALLES Schöpfung ist und ALLES Allah ist [Hinduismus,Pantheismus usw].
Der erste Sufi in dieser Gruppe ist al-Hallaj [Majmu’at al-Rasa’il wa al-Masa’il, Bnd.1, S.81+83; Majmu Fatawa Shaikh al-Islam, Bnd 11, S.18]. Neben al-Hallaj dem Abtrünnigen, waren es diejenigen Sufis, die heftigst von ibn Taymiyya kritisiert wurden, die die Lehre des „Einsseins oder Vereintseins mit Allah“ (wahdat al-wujud) verbreiteten, wie ibn al-Arabi, Sadr al-Din al-Qunawi, ibn Sab’in und Tilimsani. Der Abtrünnige ibn Arabi, der die zentrale Figur in diesem Kontext [wahdat al-wujud] ist, wurde von ibn Taymiyya einer detailierten Kritik unterzogen.
Zudem behaupten sie, dass sie ihr Wissen direkt von Allah nehmen, ohne die Vermittlung des Propheten -sall´Allahu alayhi wa salam-. Sie sagen „Haddathani qalbi `an Rabbi“ (Mein Herz erzählte es mir von meinem Herrn).
Es ist bemerkenswert, dass al-Hallaj 922 in Bagdad für die Worte „Ana al-Haqq“ („Ich bin die Wahrheit bzw Allah“) hingerichtet wurde und sein eigener Lehrer, al-Junayd, war unter denen die dieses Urteil über ihn bestätigten. [Für Details siehe Abu Abd al-Rahman al-Sulami, in Tabakat al-Sufiyya, erschienen bei Nur al-Din Shariba, Maktaba al-Khanji, Kairo 1986, S. 307-308]
Ibn Taymiyya hatte aber keinerlei Einwände gegen die Intensivierung der anerkannten Formen des Dhikr oder das Vertrauen in einige Methoden zur Reinigung der Seele (auch wenn diese zur Vernachlässigung anderer freiwilligen Taten führte) sofern sie innerhalb der Grenzen der Sharia lagen [Majmu’at al-Rasa’il wa al-Masa’il, Bnd.4, S.86-87].
So hat der Begriff Mutassawuf (oder im deutschen eher bekannt als Sufi) eine recht weitreichende Bedeutung und sollte nicht pauschalisiert werden. Diese Tatsache ist der wahren Ahlus-Sunnah oder den tatsächlichen Salafis bekannt und sie verstehen und haben Wissen von diesem Umstand.
So sagte Sheikh Muhammad al-Uthaymin mal in einer Fatwa bezüglich den Neuerungen einiger Sufi-Orden:
„Was die Sufiorden angeht, die Tijaniya und die Qadiriya u.a., so kenne ich mich hier nicht gründlich genug aus. Allerdings gibt es welche, die am Rand zum kufr stehen, wie z.B. ibn Arabi u.a., die von der Einheit des Seins (Allah bewahre) ausgehen, doch gibt es auch andere.„
[Rechtsgutachten für muslimische Minderheiten/Dar al-Mustaqbal Verlag]
Und Sheikh Muhammed Salih Al-Munajjid erwähnte folgendes in einer Fatwa:
„Die Verurteilung darf nicht bloß wegen der Bezeichnung „Sufi“ erfolgen, weil dieses ein allgemein anerkannter Begriff ist, der ebenfalls für islamisch korrekte Dinge verwendet werden kann, wie zum Beispiel Enthaltsamkeit und Furcht vor Allah. Er kann sich jedoch auch auf Erneuerungen beziehen, wie Zölibat und Extremismus.“
[http://www.islamqa.com/en/ref/1087]
Wenn also die Ahlus-Sunnah die Widerlegung der Sufis betreibt, dann ist manchmal die zweite Kategorie der Sufis gemeint, meistens jedoch die dritte Kategorie der Sufis, niemals aber diejenigen in der ersten Kategorie.
Es ist bemerkenswert, dass al-Hallaj 922 in Bagdad für die Worte „Ana al-Haqq” („Ich bin die Wahrheit bzw Allah”) hingerichtet wurde und sein eigener Lehrer, al-Junayd, war unter denen die dieses Urteil über ihn bestätigten. [Für Details siehe Abu Abd al-Rahman al-Sulami, in Tabakat al-Sufiyya, erschienen bei Nur al-Din Shariba, Maktaba al-Khanji, Kairo 1986, S. 307-308]
As Saalam Alaikum akhi,
Dazu hätte ich gerne eine Frage, denn wie kann al-Junayd (Rahimuallah) dies bezeugt haben, wenn er doch schon zuvor gestorben war? Al-Junayd ist meines Wissens im Jahr 298 n.H. gestorben, aber wenn al-Hallah der Kafir 309 n.H. hingerichtet wurde, wie kann er dies dann unterschriebn haben?
Ansonsten sehr schöner Artikel 🙂 Habe mir einiges davon genommmen Bruder.
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