Es ist untersagt, auf Gräbern zu sitzen, sie zu bebauen und auszuschmücken

BISMILLAH-IR-RAHMAN-I-RAHIM

Dschabir (r.) berichtete: „Der Gesandte Allahs (s.a.s.) untersagte es,

  1. dass ein Grab mit Gips (bzw. Kalk) überzogen und so weissgefärbt wird,

  2. dass man auf einem Grab sitzt und

  3. dass auf einem Grab gebaut wird“.

Dies berichtete Muslim.

Bestimmungen, die aus dem Hadith abzuleiten sind:

  • Es ist untersagt, die im Hadith erwähnten drei Dinge zu tun. Jedoch gibt es unter den Gelehrten Meinungsunterschiede, ob das Untersagtsein (arab. nahi) unbedingt bedeutet, dass es verboten (arab. haram) ist oder nur verpönt:

1) Bzgl. des Sitzens auf Gräbern:

Hier gibt es folgende Ansichten:
a) Verboten ist es nur, auf Gräbern zu sitzen, um seine Notdurft zu verrichten. Normales Sitzen auf einem Grab ist erlaubt. Die Anhänger dieser Meinung interpretieren die Aussage im Hadith dass man auf einem Grab sitzt“ so, dass damit gemeint ist: „dass man auf einem Grab sitzt, um seine Notdurft zu verrichten“. Sie stützen ihre Ansicht auf die folgende Aussage des Prophetengefährten Zaid ibn Thabit (r.), der gesagt hat: „Es ist das Sitzen auf einem Grab zum Verrichten der Notdurft, zum Urinieren oder für einen Stuhlgang, was der Prophet (s.a.s.) untersagt hat.“ Als weiteres Argument haben sie, was von Abu Huraira berichtet wird1, dass dieser gesagt hat: Der Gesandte Allahs hat gesagt: „Wer auf einem Grab sitzt und uriniert oder seinen Stuhlgang verrichtet, so ist es so, als ob er auf einem glühenden Feuerstück sitzt.“

b) Es ist grundsätzlich verboten (arab. haram), auf Gräbern zu sitzen. Diese Ansicht wird gestützt durch Überlieferungen, die ein allgemeines Verbot beinhalten, wie z.B. den Hadith, den Muslim berichtet: „Es ist besser, wenn jemand von euch auf einem glühenden Feuerstück sitzt, welches seine Kleider verbrennt und die Haut erreicht, als dass er auf einem Grab sitzt.“ Die unter a) aufgeführten Überlieferungen kann man als Anhänger dieser Meinung dann als Spezialfälle auffassen, die unter das allgemeine Verbot fallen, die das allgemeine Verbot aber nicht einschränken.

2) Ein Grab mit Gips (bzw. Kalk) überziehen und so weissfärben und das Bebauen von Gräbern:

Abu Hanifa sagte: Es ist erlaubt, ein Grab mit Gips (bzw. Kalk) zu überziehen und so weisszufärben.

Die Allgemeinheit der Gelehrten ist der Ansicht, dass diese beiden Dinge – d.h. das Überziehen mit Gips (bzw. Kalk) und das Bebauen – nicht verboten (arab. haram), sondern nur verpönt (arab. nahi lit-tansih) sind, dass das Sitzen auf Gräbern aber verboten (arab. haram) ist. Ihr Argument dafür ist, dass dies ein Mittelweg ist zwischen dem wörtlichen und symbolischen Verstehen des Textes.

As-San’ani antwortete darauf: „Es ist nicht klar, warum nicht alle drei Dinge wörtlich als eigentliches Verbot zu verstehen sein sollen.“ As-San’ani untermauert seine Meinung, dass alle drei Dinge verboten (arab. haram) sind, u.a. mit folgenden Überlieferungen:

  • Tirmidhi berichtet, dass Ali (r.) zu Abu al-Hajjadsch al-Usdijj sagte: „Ich beauftrage dich mit dem, mit dem mich der Gesandte Allahs (s.a.s.) beauftragt hat: Dass ich jedes hochgebaute Grab einebne und jede Götzenfigur zerschlage.“ Tirmidhi sagte: Dies ist ein guter (arab. hasan) Hadith.

  • Einen von Nasa’i überlieferten Hadith: „Es ist untersagt, dass man ein Grab bebaut, es umbaut, es mit Gips (bzw. Kalk) überzieht und so weissfärbt oder es beschriftet.“

  • Buchari und Muslim berichten, dass der Gesandte Allahs (s.a.s.) gesagt hat: „Möge Allah die Juden und die Christen verfluchen. Sie machten die Gräber ihrer Propheten zu Gebetsplätzen.“

  • Der Hadith: „Macht mein Grab nicht zu einer Götze, die ausser Allah angebetet wird.“

    As-San’ani sagt: „Diese Überlieferungen, wo der Gesandte Allahs (s.a.s.) einen Fluch ausspricht bzw. den Vergleich zum Götzendienst zieht, bedeuten ein absolutes Verbot für Bebauung, Ausschmückung, das Grab mit Gips (bzw. Kalk) überziehen und so weissfärben, einen Schmuckkasten auf das Grab stellen usw. Denn im Laufe der Zeit können diese Dinge – wie bei den früheren Völkern geschehen – zu Götzendienst führen.“

    1
    Bei einem schwachen Hadith wird normalerweise die passive Form benutzt: „Es wird berichtet…“ Bei einem gesunden Hadith benutzt man die aktive Form: „Er hat gesagt:…“


(Basierend auf Subul as-Salam von Mohammad ibn Ismail As-San’ani / übersetzt von Samir Mourad – DIdI e.V.)