Teil 5: Imam al-Ghazali – Die Pflichten der Eltern gegen die Kinder

BISMILLA-IR-RAHMAN-IR-RAHIM

Ein Mann fragte den Gesandten Allahs: »Wem soll ich Gutes tun?«
Er sprach: »Deinem Vater und deiner Mutter.«
Sprach der Mann: »Sie sind gestorben.«
Da sprach der Gesandte Allahs: »Deinem Kinde, denn so wie die Eltern ein Recht haben, so hat auch das Kind ein Recht.«

Eine der Pflichten gegen die Kinder aber ist die, daß du sie nicht durch deine Härte selbst zum Ungehorsam treibst.
Der Gesandte Allahs sprach :
»Gott schenke seine Gnade dem Vater, der seinen Sohn nicht selbst zum Ungehorsam treibt.«

Es heißt in der Überlieferung :
»Sieben Jahre lang ist dein Sohn dein Blumenstrauß, sieben Jahre lang dein Diener, dann aber ist er dein Feind oder dein Freund.«

Anas erzählt:
»Der Gesandte Allahs sagt: Wenn der Knabe sieben Tage alt ist, so bringt das Haaropfer für ihn dar und gebt ihm einen Namen; wenn er sechs Jahre alt ist, so lehrt ihn gute Sitte; mit dem neunten Jahr laßt ihn auf getrenntem Lager schlafen; mit dem dreizehnten Jahr haltet ihn […] zum Gottesdienst an; ist er sechzehn Jahre alt geworden, so gebt ihm ein Weib und faßt seine Hand und sprecht:
>Ich habe dich erzogen und belehrt und dir ein Weib gegeben, nun möge mich Gott vor Anfechtung durch dich in dieser und vor Strafe in jener Welt bewahren.< «

Ferner gehört zu den Pflichten gegen die Kinder, daß du sie gleich hältst mit deinen Gaben und mit deinen Küssen und allem Guten, was du ihnen tust. Das Zärtlichsein gegen die kleinen Kinder und sie zu küssen ist fromme Sitte.
Als der Gesandte Allahs einst seinen Enkel Hasan küßte, sprach Akra‘ ibn Hâbis zu ihm:
»Ich habe zehn Söhne und habe nie einen davon geküßt.«
Da sagte der Gesandte Allahs:
»Wer selbst nicht zärtlich ist, gegen den wird Allah auch nicht zärtlich sein.«

Als einst der Gesandte Allahs auf der Kanzel saß, fiel Hasan auf das Gesicht. Da stieg er sogleich herab und nahm ihn auf und rezitierte den Koranvers :

Eure Güter und eure Kinder sind eine Anfechtung…
64:15

Und als er einst betete und sich gerade niedergeworfen hatte, kam der kleine Husein und kletterte ihm auf den Nacken. Da hielt der Gesandte Allahs in dieser Stellung so lange inne, daß seine Gefährten glaubten, es sei eine Offenbarung über ihn gekommen, weil er diese Stellung so lange ausdehnte. Als das Gebet zu Ende war, fragten sie ihn, ob er während der Niederwerfung eine Offenbarung erhalten habe. Da sagte er:
»Nein, Husein wollte auf mir reiten, und dabei wollte ich ihn doch nicht stören.«

Im allgemeinen aber ist zu sagen, daß die Rechte der Eltern größer sind als die Rechte der Kinder, denn die Eltern zu ehren ist für das Kind Pflicht, im Worte Allahs wird diese Pflicht zusammen mit dem Dienste Allahs genannt, da es heißt:
Dein Herr hat bestimmt, daß ihr ihm allein dient und den Eltern Gutes tut…
17:23

Und wegen der Größe des Rechts der Eltern sind zwei Dinge zur unbedingten Pflicht gemacht worden. Das eine ist dies, daß, wenn Vater und Mutter dem Sohne eine Speise zu essen gebieten, die zweifelhaft, aber nicht schlechthin verboten ist, er nach Ansicht der meisten Rechtsgelehrten sie essen muß, denn der Eltern Zufriedenheit erwerben ist wichtiger als sich vor zweifelhaften Speisen hüten. Das andere ist dies, daß man ohne Einwilligung von Vater und Mutter keine Reise unternehmen darf, es sei denn zur Erfüllung einer unerläßlichen Pflicht, wie die Erlernung des Gebets und der Fastenbestimmungen, wenn man daheim keinen Lehrer finden kann. Zur Pilgerfahrt aber darf man nicht ohne Einwilligung von Vater und Mutter aufbrechen, denn sie ist zwar eine unerläßliche Pflicht, doch ist es erlaubt, sie aufzuschieben.

Ein Mann bat einst den Gesandten Allahs, an einem Kriegszug teilnehmen zu dürfen.
Da sagte er zu ihm: »Hast du eine Mutter?«
Er sprach: »ja.«
Da sprach der Gesandte Allahs: »So gehe hin und setze dich zu ihr, denn dein Paradies liegt zu ihren Füßen.«

Ein anderer kam zu ihm aus dem Jemen, um am Kriege teilzunehmen.
Da sagte er : »Hast du Vater und Mutter?«
Jener sagte : »Ja.«
Da sprach der Gesandte Allahs : »So kehre um und bitte sie zuvor um Erlaubnis, und wenn sie dir die Erlaubnis nicht geben, so gehorche ihnen, denn nächst dem Glaubensbekenntnis kannst du vor Gott keine bessere fromme Tat tun als diese.«

Wisse auch, daß das Recht des älteren Bruders dem Recht des Vaters nahekommt. Es heißt in der Überlieferung:
»Der ältere Bruder hat über den jüngeren Bruder dasselbe Recht wie der Vater über den Sohn.«


(Kimiya-i-sadaat / al-Ghazali)

Teil 4: Imam al-Ghazali – Die Pflichten der Kinder gegen die Eltern

BISMILLAH-IR-RAHMAN-IR-RAHIM


Wisse: Das Recht der Eltern ist das allergrößte und die Beziehung zu ihnen die allerinnigste.
Der Gesandte Allahs sprach:
»Kein Sohn hat seine Pflicht gegen den Vater erfüllt, ehe er ihn als Sklaven gefunden und freigekauft hat.«

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Teil 3: Imam al-Ghazali – Die Pflichten gegen die Anverwandten

BISMILLAH-IR-RAHMAN-IR-RAHIM


Wisse, daß der Gesandte Allahs gesagt hat:
»Allah spricht: >Wer es mit seinen Verwandten hält, mit dem werde ich es auch halten. Wer langes Leben und Wohlergehen wünscht, der sorge für das Wohl seiner Anverwandten.< «
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Teil 2: Imam al-Ghazali – Die Pflichten gegen den Nachbarn

BISMILLAH-IR-RAHMAN-IR-RAHIM


Die Nachbarschaft begründet noch ein Recht mehr als die Bruderschaft des Islam allein.
Der Gesandte Gottes spricht:
»Es gibt einen Nachbarn, der ein Recht hat, das ist der ungläubige Nachbar; und einen, der zwei Rechte hat, das ist der muslimische Nachbar; und einen, der drei Rechte hat, das ist der muslimische Nachbar, der mit dir verwandt ist.«

Du siehst, daß er selbst für den Ungläubigen ein Recht festsetzt auf Grund der bloßen Nachbarschaft.
Und weiter spricht er:
»Gabriel schärfte mir das Recht des Nachbarn so ein, daß ich glaubte, er würde ihm noch das Recht zugestehen, mich zu beerben.«
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Die Adala der Sahaba

BISMILLAH-IR-RAHMAN-IR-RAHIM


 

Auch in den Hadithwissenschaften ist die Adala (Gerechtigkeit/Rechtschaffenheit) der Überlieferer von allerhöchster Bedeutung. Im folgenden ein kurzer Artikel zur Adala der Sahaba:

Die Adala der Sahaba in der Hadithwissenschaft

Mit Adāla ist die Rechtschaffenheit und Unbescholtenheit einer Person gemeint. Das Adjektiv hiefür lautet „’adl“.
Die Mehrheit der Gelehrten ist sich darüber einig, dass alle Sahāba ohne Ausnahme rechtschaffen (‚adl) sind, was durch den Qur‘ān und die Sunna des Gesandten – Allahs Segen und Friede auf ihm – bestätigt wird.
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Alphonse de Lamartine über den Gesandten Allahs -sas-

BISMILLAH-IR-RAHMAN-IR-RAHIM


Alphonse de Lamartine (1790 – 1869)
Ein berühmter französischer Dichter, Schriftsteller und Politiker aus der Zeit der französischen Revolution schrieb folgendes über den Gesandten Allahs -sall`Allahu alayhi wa salam-:
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Ibn Taymiyya, Ahl-Hadith und der Sufismus

BISMILLAH-IR-RAHMAN-IR-RAHIM

Shaikhul-Islam ibn Taymiyya, Haafith ibn al-Qayyim al-Jawziyya und die Ahl-Hadith im allgemeinen waren niemals undifferenziert bezüglich des Sufismus; jedoch waren sie beizeiten sehr herb (in der Kritik) und erklärten, „dass die wahre Haltung zum Sufismus, oder aller anderen Dinge (im Islam), nur im Einvernehmen mit Quran und Sunnah zu akzeptieren ist und was nicht damit übereinstimme abzulehnen sei.“ [Majmu Fatawa Shaykh al-Islam, Bnd.10, S.82]

Ibn Taymiyya wendet diesen Grundsatz der umsichtigen Kritik auf alle sufischen Ideen, Praktiken und Persönlichkeiten an.

Er trennte die Sufis in drei Kategorien:
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Al-Ghazali: Die Liebe und der Hass für Allah

BISMILLAH-IR-RAHMAN-IR-RAHIM


Imam al-Ghazali -rahimahullah- befasste sich in seinem Buch Kimiya-i-Saadat sehr ausführlich mit dem thema al-Wala wa al-Bara. Jedoch konzentrierte er sich besonders auf die Aspekte der Liebe. Er kategorisierte die Liebe in 4 Arten und drang bei seiner Analyse tief ein in die menschliche Gefühlswelt. aber lest selbst…
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Der Appetit

BISMILLAH-IR-RAHMAN-IR-RAHIM


Bereits Adam (a.s.) und seine Frau Eva kamen durch das unkontrollierte Ausüben des Essenstriebes – indem er vom verboteten Baum aß – zu Fall und
wurden aus dem Paradies vertrieben.

Negative Folgen der unkontrollierten Ausübung des Essenstriebs
Wenn man unkontrolliert dem Essenstrieb und seinem Appetit nachgeht, kann dies

  1. zur Einnahme von verbotenen Speisen wie Schweinefleisch führen und
  2. zum übermäßigen Füllen des Bauchs mit erlaubten Lebensmitteln, d. h. dass man sich übersättigt.

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