Wesensanalyse von Imam al-Ghazali (2. Teil)

BISMILLAH-IR-RAHMAN-IR-RAHIM

 

Teil 2: Die Streitkräfte des Herzens
Aus Kimiya-i-Saadat vom Imam al-Ghazali -rahimahullah-
überarbeitet von Yahya ibn Rainer


Wisse
: Der Leib ist das Königreich des Herzens, und in diesem Königreiche sind dem Herzen mancherlei Streitkräfte untertan:

Aber niemand weiß über die Heerscharen deines Herrn Bescheid außer Ihm
74:31

Das Herz ist geschaffen für die jenseitige Welt, und seine Aufgabe ist das Suchen seiner Glückseligkeit. Seine Glückseligkeit aber besteht in der Erkenntnis Allahs. Die Erkenntnis Allahs erlangt das Herz durch die Erkenntnis der Werke Allahs. Diese gehören der Sinnenwelt an, und da erlangt das Herz die Erkenntnis der Wunder der Welt durch die Sinne, diese aber bedürfen wiederum zu ihrem Bestehen des Leibes. So ist also die Erkenntnis für das Herz das Wild, die Sinne sein Jagdnetz, der Leib sein Fahrzeug und zugleich der Träger des Netzes. Das ist der Grund warum das Herz des Leibes bedarf.
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Teil 6: Imam al-Ghazali – Das Schlusswort

BISMILLAH-IR-RAHMAN-IR-RAHIM


Das sind die Regeln der Zucht und Sitte für den Umgang mit allen Menschen. Alledem aber liegt die gemeinsame Regel zugrunde, daß du keinen Menschen, sei er lebend oder tot, gering achten sollst, damit du nicht ins Verderben gerätst. Denn du weißt nicht, ob der andere nicht besser ist als du; und wenn er ein Übeltäter ist, so weißt du nicht, ob du nicht auch am Ende so wirst wie er oder er zum rechtschaffenen Manne wird. Achte die Menschen in ihrem irdischen Dasein aber auch nicht allzu hoch. Denn diese Welt und alles, was darinnen ist, ist gar gering vor Gott; und wenn du die Bewohner dieser Erdenwelt hochachtest, so achtest du diese Erdenwelt selber hoch und verlierst dadurch in den Augen Gottes. Gib aber nicht dein Seelenheil hin, um von ihren Erdengütern zu erlangen, denn damit machst du dich nur verächtlich bei ihnen und erlangst erst recht nichts von irdischen Gütern. Und wenn das auch nicht der Fall ist, so hast du doch das Schlechtere für das Bessere eingetauscht.
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Teil 5: Imam al-Ghazali – Die Pflichten der Eltern gegen die Kinder

BISMILLA-IR-RAHMAN-IR-RAHIM

Ein Mann fragte den Gesandten Allahs: »Wem soll ich Gutes tun?«
Er sprach: »Deinem Vater und deiner Mutter.«
Sprach der Mann: »Sie sind gestorben.«
Da sprach der Gesandte Allahs: »Deinem Kinde, denn so wie die Eltern ein Recht haben, so hat auch das Kind ein Recht.«

Eine der Pflichten gegen die Kinder aber ist die, daß du sie nicht durch deine Härte selbst zum Ungehorsam treibst.
Der Gesandte Allahs sprach :
»Gott schenke seine Gnade dem Vater, der seinen Sohn nicht selbst zum Ungehorsam treibt.«

Es heißt in der Überlieferung :
»Sieben Jahre lang ist dein Sohn dein Blumenstrauß, sieben Jahre lang dein Diener, dann aber ist er dein Feind oder dein Freund.«

Anas erzählt:
»Der Gesandte Allahs sagt: Wenn der Knabe sieben Tage alt ist, so bringt das Haaropfer für ihn dar und gebt ihm einen Namen; wenn er sechs Jahre alt ist, so lehrt ihn gute Sitte; mit dem neunten Jahr laßt ihn auf getrenntem Lager schlafen; mit dem dreizehnten Jahr haltet ihn […] zum Gottesdienst an; ist er sechzehn Jahre alt geworden, so gebt ihm ein Weib und faßt seine Hand und sprecht:
>Ich habe dich erzogen und belehrt und dir ein Weib gegeben, nun möge mich Gott vor Anfechtung durch dich in dieser und vor Strafe in jener Welt bewahren.< «

Ferner gehört zu den Pflichten gegen die Kinder, daß du sie gleich hältst mit deinen Gaben und mit deinen Küssen und allem Guten, was du ihnen tust. Das Zärtlichsein gegen die kleinen Kinder und sie zu küssen ist fromme Sitte.
Als der Gesandte Allahs einst seinen Enkel Hasan küßte, sprach Akra‘ ibn Hâbis zu ihm:
»Ich habe zehn Söhne und habe nie einen davon geküßt.«
Da sagte der Gesandte Allahs:
»Wer selbst nicht zärtlich ist, gegen den wird Allah auch nicht zärtlich sein.«

Als einst der Gesandte Allahs auf der Kanzel saß, fiel Hasan auf das Gesicht. Da stieg er sogleich herab und nahm ihn auf und rezitierte den Koranvers :

Eure Güter und eure Kinder sind eine Anfechtung…
64:15

Und als er einst betete und sich gerade niedergeworfen hatte, kam der kleine Husein und kletterte ihm auf den Nacken. Da hielt der Gesandte Allahs in dieser Stellung so lange inne, daß seine Gefährten glaubten, es sei eine Offenbarung über ihn gekommen, weil er diese Stellung so lange ausdehnte. Als das Gebet zu Ende war, fragten sie ihn, ob er während der Niederwerfung eine Offenbarung erhalten habe. Da sagte er:
»Nein, Husein wollte auf mir reiten, und dabei wollte ich ihn doch nicht stören.«

Im allgemeinen aber ist zu sagen, daß die Rechte der Eltern größer sind als die Rechte der Kinder, denn die Eltern zu ehren ist für das Kind Pflicht, im Worte Allahs wird diese Pflicht zusammen mit dem Dienste Allahs genannt, da es heißt:
Dein Herr hat bestimmt, daß ihr ihm allein dient und den Eltern Gutes tut…
17:23

Und wegen der Größe des Rechts der Eltern sind zwei Dinge zur unbedingten Pflicht gemacht worden. Das eine ist dies, daß, wenn Vater und Mutter dem Sohne eine Speise zu essen gebieten, die zweifelhaft, aber nicht schlechthin verboten ist, er nach Ansicht der meisten Rechtsgelehrten sie essen muß, denn der Eltern Zufriedenheit erwerben ist wichtiger als sich vor zweifelhaften Speisen hüten. Das andere ist dies, daß man ohne Einwilligung von Vater und Mutter keine Reise unternehmen darf, es sei denn zur Erfüllung einer unerläßlichen Pflicht, wie die Erlernung des Gebets und der Fastenbestimmungen, wenn man daheim keinen Lehrer finden kann. Zur Pilgerfahrt aber darf man nicht ohne Einwilligung von Vater und Mutter aufbrechen, denn sie ist zwar eine unerläßliche Pflicht, doch ist es erlaubt, sie aufzuschieben.

Ein Mann bat einst den Gesandten Allahs, an einem Kriegszug teilnehmen zu dürfen.
Da sagte er zu ihm: »Hast du eine Mutter?«
Er sprach: »ja.«
Da sprach der Gesandte Allahs: »So gehe hin und setze dich zu ihr, denn dein Paradies liegt zu ihren Füßen.«

Ein anderer kam zu ihm aus dem Jemen, um am Kriege teilzunehmen.
Da sagte er : »Hast du Vater und Mutter?«
Jener sagte : »Ja.«
Da sprach der Gesandte Allahs : »So kehre um und bitte sie zuvor um Erlaubnis, und wenn sie dir die Erlaubnis nicht geben, so gehorche ihnen, denn nächst dem Glaubensbekenntnis kannst du vor Gott keine bessere fromme Tat tun als diese.«

Wisse auch, daß das Recht des älteren Bruders dem Recht des Vaters nahekommt. Es heißt in der Überlieferung:
»Der ältere Bruder hat über den jüngeren Bruder dasselbe Recht wie der Vater über den Sohn.«


(Kimiya-i-sadaat / al-Ghazali)

Teil 2: Imam al-Ghazali – Die Pflichten gegen den Nachbarn

BISMILLAH-IR-RAHMAN-IR-RAHIM


Die Nachbarschaft begründet noch ein Recht mehr als die Bruderschaft des Islam allein.
Der Gesandte Gottes spricht:
»Es gibt einen Nachbarn, der ein Recht hat, das ist der ungläubige Nachbar; und einen, der zwei Rechte hat, das ist der muslimische Nachbar; und einen, der drei Rechte hat, das ist der muslimische Nachbar, der mit dir verwandt ist.«

Du siehst, daß er selbst für den Ungläubigen ein Recht festsetzt auf Grund der bloßen Nachbarschaft.
Und weiter spricht er:
»Gabriel schärfte mir das Recht des Nachbarn so ein, daß ich glaubte, er würde ihm noch das Recht zugestehen, mich zu beerben.«
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Ibn Taymiyya: Gerechtigkeit (Adalat) und Ungerechtigkeit (Dhulm)

BISMILLAH-IR-RAHMAN-IR-RAHIM


Als erstes möchte ich euch ein Kapitel aus dem Buch Al-amr bi’l ma’ruf wa n-nahy ‚an al-munkar von Imam ibn Taymiyya -rahimahullah- bereitstellen.
Es lautet:


Gerechtigkeit (Adalat) und Ungerechtigkeit (Dhulm)

Die Tätigkeiten der Menschen auf der Erde bleiben mit Gerechtigkeit, auch wenn diese mit Sünden einhergehen, eher korrekt, als mit Ungerechtigkeit, auch wenn diese von Sünden frei sind. Aus diesem Grund sagt man:
„Allah lässt den gerechten Staat, auch wenn er ungläubig ist, überleben, aber den ungerechten Staat, auch wenn er gläubig ist, nicht überleben.“
Und genauso sagt man:
„Die Erde bleibt mit Gerechtigkeit und Kufr (Unglaube) bestehen, aber bleibt nicht bestehen mit Ungerechtigkeit und Islam.“

Rasulullah (s) hat gesagt:
„Es gibt keine Sünde, die noch schneller bestraft wird als Auflehnung (Rebellion, Ungerechtigkeit) und den Kontakt zu den Verwandten abzubrechen.“
(Ibn Maja, Zuhd 23; Abu Dawud, Adab 43)

Der Ungerechte wird, auch wenn ihm im Jenseits vergeben wird, auf der Erde bestraft. Denn die Gerechtigkeit ist die Grundlage von allem. Irdische Taten, die mit Gerechtigkeit ausgeführt werden, sind beständig, auch wenn denjenigen, der sie tut, im Jenseits kein Gewinn erwartet, wenn sie aber ohne Gerechtigkeit ausgeführt werden, sind sie unbeständig, auch wenn derjenige, der sie tut soviel Iman besitzt, dass er für ihn im Jenseits ausreichend sein wird. Der Trieb gegen andere Menschen ungerecht zu sein, indem nach Überlegenheit gestrebt wird, missgönnt und Rechte anderer missbraucht werden, ist in der Natur des Menschen gegeben. Außerdem besitzt er den Trieb, niedere Neigungen, wie Zina oder das Essen von religiös abscheulich gesehenen Sachen, auszuführen und somit ungerecht zu sich selber zu sein. Somit kann er zu einem, der zu sich selber nicht ungerecht ist, zum machen, und kann einen anderen, der selber nicht seinen niederen Neigungen nachgibt, zu diesen verführen. Denn wenn er sieht, dass die anderen ungerecht sind und ihre Gelüste in die Tat umsetzen, wird bei ihm die Lust, und mit dieser der Drang zur Ungerechtigkeit (Dhulm), in gewaltiger Weisezunehmen.
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Kurze Einleitung zur Kategorie „Die Pflichten des Muslims“

BISMILLAH-IR-RAHMAN-IR-RAHIM

Ein Muslim, ein gottergebener Mensch, hat vielerlei Pflichten. die bekanntesten Pflichten sind sicherlich die 5 Säulen des Islams:

  1. das islamische Glaubensbekenntnis / asch-schahada
  2. die fünf täglichen Gebete zu ihrer festgesetzten Zeit / as-salah
  3. die Abgabe der Almosensteuer / az-zakah
  4. das Fasten im heiligen Monat Ramadan / as-saum ramadan
  5. die Verrichtung der Pilgerfahrt nach Mekka / al-hajj

Allerdings ist das nicht alles. Dem Muslim wurden darüber hinaus weitere Pflichten auferlegt. Eine sehr wichtige Pflicht ist z.B. das Erlangen von Wissen über die Pflichten im Islam.
Diese Kategorie soll sich dieser Pflicht widmen und aus Werken von Gelehrten, Lehrern und Predigern Texte zur Verfügung stellen, die sich mit den Pflichten des Muslims befassen.

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