Al-Ghazali: Von dem Hass für Allah

BISMILLAH-IR-RAHMAN-IR-RAHIM

 

Jeder, der in Allah liebt, muß notwendig auch in Allah hassen. Denn wenn du einen Menschen liebst, weil er Allah gehorsam und lieb ist, so mußt du ihn notwendig hassen, wenn er Allah ungehorsam und verhaßt ist, denn wenn die eine Ursache Liebe hervorruft, so muß notwendig die entgegengesetzte Ursache Hass hervorrufen, beides hängt zusammen und ist nicht voneinander zu trennen; und so ist es regelmäßig, wo immer Liebe und Haß auftreten. Aber beide, Liebe und Haß, sind Leiden, die tief im Herzen verborgen sind und nur dann zutage treten, wenn sie sehr stark werden. Zutage aber treten sie in dem Verhalten der Liebenden und Hassenden, darin, daß sie die Nähe des anderen suchen oder fliehen und ihm in allem zu Willen sind oder widerstreben. Dies Zutagetreten der Liebe und des Hasses im Verhalten nennt man Freundlichkeit und Feindlichkeit.
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Al-Ghazali: Die vierte Art der Liebe

BISMILLAH-IR-RAHMAN-IR-RAHIM

Daß einer liebt nur um Allahs willen und für Allah, nicht um von dem Geliebten Belehrung und Erziehung zu genießen oder durch ihn zu irgend etwas anderem zu gelangen.

Das ist die höchste Stufe der Liebe und die unbegreiflichste und geheimnisvollste. Und auch sie ist möglich; denn der Überschwang der Liebe zeigt sich darin, daß sie von dem Geliebten auf alles überströmt, was mit ihm zusammenhängt und, wenn auch noch so ferne, Beziehung zu ihm hat. Wer einen Menschen mit großer Liebe liebt, der liebt auch den, der diesen Menschen lieb hat, und den, der von ihm geliebt wird; und liebt den, der dem Geliebten dient, und den, der ihn lobt, und den, der sich bemüht, sein Wohlgefallen zu gewinnen.

Einer der Alten sagt:

»Wenn ein Gläubiger einen Gläubigen lieb hat, so liebt er selbst seinen Hund.«

Und es ist so, wie er sagt. Das bezeugt die Erfahrung von dem Verhalten der Verliebten, und die Werke der Dichter beweisen es. So bewahrt der Liebende das Kleid des geliebten Menschen auf und behält es als Andenken an ihn, und liebt sein Haus, ja das Stadtviertel, in dem er wohnt, und seine Nachbarn.

So sagt Medschnûn aus dem Stamme der Beni Amir:

»An dem Hause geh ich vorbei, an dem Hause Leilas, Und küsse diese Wand und küsse jene. Nicht Liebe zum Hause hat mir das Herz verwundet, Nein, Liebe zu der, die im Hause wohnet.«

So beweisen Augenschein und Erfahrung, daß die Liebe von dem geliebten Menschen überströmen kann auf alles, was in seinem Umkreis liegt, mit ihm in Berührung kommt oder irgendeine, wenn auch entfernte, Beziehung zu ihm hat. Doch dazu gehört ein besonderer Überschwang der Liebe, die einfache Liebe reicht dazu nicht aus. Wie weit sich aber der Strom dieser überfließenden Liebe in dem Umkreis dessen, was den Geliebten umgibt und mit ihm in Berührung kommt, erstreckt, das hängt von dein Maß des Überschwangs und der Stärke der Liebe ab.

So ist es auch mit der Liebe für Allah. Wenn sie stark ist und das Herz so überwältigt und in Besitz nimmt, daß sie die Grenze der Leidenschaft erreicht, so strömt sie über auf jegliches Wesen außer ihm, weil jegliches Wesen außer ihm eine Spur seines allmächtigen Wirkens ist. Denn auch der, der einen Menschen liebt, liebt seine Schrift und seiner Hände Tun und alle seine Werke. Darum pflegte der Gesandte Allahs, wenn man Erstlinge von Früchten zu ihm brachte, damit über seine Augen zu streichen, sie mit Ehrerbietung zu behandeln und zu sagen:

»Sie kommen eben erst von unserem Herrn.«

Allah wird bald geliebt um der redlichen Hoffnung willen auf seine Verheißungen und die Gnadengaben, die man im Jenseits von ihm erwartet, bald um der Wohltaten und Gnaden willen, die er uns schon hier erwiesen hat, bald um seiner selbst und nicht um anderer Dinge willen. Das ist die wunderbarste und höchste Art der Liebe. Wie aber auch immer die Liebe zu Allah entstehen mag: Wenn sie stark wird, so strömt sie über auf alles, was mit ihm irgendwie in Zusammenhang steht, ja sie geht selbst über auf das, was an sich schmerzlich und widerwärtig ist. Denn das Übermaß der Liebe mildert das Gefühl des Schmerzes; die Freude über das Tun des Geliebten, weil sich dieses Tun doch auf ihn, den Liebenden richtet, wenn es auch Schmerz bereitet, übertäubt die Schmerzempfindung. So freut sich der Liebende, wenn der Geliebte ihn gleichsam im Groll schlägt oder kneift, denn die Liebe erregt solche Freude in ihm, daß das Gefühl des Schmerzes ganz darin untergeht.

Bei manchen Leuten nun erreichte die Liebe zu Allah ein solches Maß, daß sie sagten:

Es ist kein Unterschied zwischen Heimsuchung und Wohltat, denn beides kommt von ihm, und wir freuen uns über alles, was ihm gefällt.

Wir meinen also, daß die Liebe zu Allah, wenn sie stark ist, als Frucht hervorbringt die Liebe zu dem, der Allah recht dient in Wissenschaft oder Werken, und die Liebe zu dem, der eine Allah wohlgefällige Eigenschaft hat, sei es gute Sinnesart oder Wandel in der Zucht des Gesetzes. Jeder Gläubige, dessen Liebe auf die Ewigkeit und auf Allah gerichtet ist, wird, wenn er von zwei Männern, einem gelehrten Gottesdiener und einem unwissenden Übeltäter hört, sich dem ersteren zugeneigt fühlen und diese Zuneigung wird stärker oder schwächer sein, je nachdem sein Glauben und seine Liebe zu Allah stärker oder schwächer ist, und sie wird sich auch dann einstellen, wenn jene beiden in einem fernen Lande wohnen und der Liebende weiß, daß ihm von jenem weder Gutes noch Böses widerfahren kann, weder in dieser noch in jener Welt.

Solche Zuneigung ist Liebe für Allah und Liebe um Allahs willen, ohne anderen Gewinn; denn er liebt den andern ja nur darum, weil er Allah lieb und wohlgefällig ist, und weil er Allah lieb hat und sich seinem Dienst widmet. Ist freilich eine solche Liebe schwach, so geht keine sichtbare Wirkung von ihr aus, und sie bleibt unverdienstlich – ist sie aber stark, so treibt sie den Liebenden, des anderen Freundschaft zu suchen und ihm zu helfen und mit Gut und Blut und mit der Zunge für ihn einzustehen. Darin sind die Menschen verschieden nach dem Maße, wie ihre Liebe zu Allah verschieden ist.

Gäbe es Liebe nur um eines Vorteils willen, den man von dem Geliebten in Zeit oder Ewigkeit zu erlangen hoffte, so wäre es undenkbar, daß man längst gestorbene Gelehrte und Gottesmänner, oder die Genossen des Propheten und ihre Nachfolger, geschweige die Propheten längst vergangener Zeiten lieben könnte. Und doch wohnt die Liebe zu ihnen allen in dem Herzen jedes frommen Muslims. Das zeigt sich darin, daß er zornig wird, wenn eine dieser rechtschaffenden Personen von ihren Feinden angegriffen wird, und sich freut, wenn sie gepriesen und ihre Tugenden gerühmt werden. Alles das ist Liebe um Allahs willen, denn jene sind die vertrauten Diener Allahs. Wer aber einen König liebt oder einen schönen Menschen, der liebt auch dessen Vertrauten und Diener und liebt alle, die er liebt.

Geprüft aber wird die Liebe durch den Wettstreit mit dem eigenen Vorteil. Zuweilen wird die Seele so von Liebe überwältigt, daß sie ihren Vorteil nur noch in dem Vorteil des Geliebten findet.

So sagt der Dichter:

»Ich will zu ihm, doch er wünscht, daß ich gehe, So geb ich meinen Willen hin dem seinen.«

Und ein anderer:

»Die Wunde schmerzt nicht mehr, wenn sie dir wohlgefällt.«

Zuweilen ist die Liebe von solcher Art, daß um ihretwillen gewisse Vorteile aufgegeben werden, andere nicht, so wie wenn einer dem Geliebten die Hälfte seiner Habe oder ein Drittel oder ein Zehntel abzutreten bereit ist. Dann ist die Menge des hingegebenen Gutes der Maßstab der Liebe. Denn messen kann man die Größe der Liebe nur an einem anderen geliebten Gegenstand, der um ihretwillen aufgeopfert wird. Wessen Herz aber ganz von Liebe durchdrungen ist, der kennt nichts anderes Liebes mehr als den Einen und behält für sich gar nichts mehr. So behielt Abu Bakr, der Fromme, weder Kind noch Gut für sich, sondern gab seine Tochter hin, die seiner Augen Trost war, und all sein Hab und Gut.

So ergibt sich, daß jeder, der einen Gottesgelehrten oder einen Gottesdiener liebt, oder einen, der danach strebt, Wissen zu erwerben oder Allah zu dienen oder Gutes zu tun, ein Liebender für Allah und um Allahs willen ist; und je stärker seine Liebe ist, um so höher ist sein Verdienst.

Das ist, was über die Liebe für Allah und ihre Stufen zu sagen ist, und daraus wird der Haß für Allah von selber klar, doch wollen wir ihn noch des näheren erläutern.

(Quelle: Kimiya-i-Sadaat)

Al-Ghazali: Die dritte Art der Liebe

BISMILLAH-IR-RAHMAN-IR-RAHIM

Daß man den anderen zwar nicht um seiner selbst, sondern um eines anderen Dinges willen liebt, dieses andere aber nicht in zeitlichen, sondern in ewigen Gütern besteht.
Auch dies ist ganz klar: Wenn einer seinen Lehrer und Meister liebt, weil er durch seine Vermittlung Wissen erlangt und sein Wandel gebessert wird und in beidem sein Streben auf die Ewigkeit gerichtet ist, so ist er ein Liebender für Allah, ebenso wie der Lehrer, der seinen Schüler liebt, weil dieser die Lehre von ihm übernimmt und ihm dadurch zu der Würde eines Lehrers verhilft, so daß er gemäß dem Worte von Isa:

«Wer die Lehre weiß und danach handelt und sie andere lehrt, der wird mit Ehrfurcht genannt im Himmelreich»

, im Reiche des Himmels und der Erde durch ihn Ehre gewinnt. Denn Belehrung gibt es nur da, wo einer sich belehren läßt; darum ist dieser für den Lehrer das Mittel, jenen Vorzug zu erlangen. Wenn daher der Lehrer den Schüler liebt, weil er ihm dazu das Mittel ist und er sein Herz zum Saatfeld für seinen Samen machen kann, durch den er den Rang der Ehrung im Himmelreich erlangt, so ist er ein Liebender für Allah. Ja, wer von seiner Habe um Allahs willen Almosen gibt und Gäste zu sich lädt und mit schönen erlesenen Speisen bewirtet, um Allah nahe zu kommen, und darum einen Koch liebt, weil er gut kocht, oder einen Mann, der die Verteilung der Gaben an würdige Empfänger übernimmt, der ist ein Liebender für Allah.

Ja, ich sage noch mehr: Wer einen Menschen liebt, der ihn persönlich bedient, indem er seine Kleider wäscht, sein Haus fegt und sein Essen kocht, und ihn dadurch frei macht für die Wissenschaft und die Werke, und sich deshalb bedienen läßt, um sich ungestört dem Dienst Allahs widmen zu können, der ist ein Liebender für Allah.

Ja, ich sage noch mehr: Wenn einer einen Menschen liebt, der ihn mit Geld unterstützt, ihn mit Nahrung, Kleidung und Wohnung versieht und ihn mit aller irdischen Notdurft versorgt, damit er sich ungestört der Wissenschaft und den Werken, die ihn Allah nahe bringen, widmen kann, so ist er ein Liebender für Allah. So wurden manche der Alten durch reiche Leute versorgt, und dann waren der Versorger und der Versorgte beide Liebende für Allah.

Ja ich sage noch mehr: Wer ein frommes Weib zur Ehefrau nimmt, um durch sie vor der Versuchung des Satans bewahrt zu werden und seinen Glauben zu bewahren und um ein frommes Kind von ihr zu haben, das für ihn betet, und sie darum liebt, weil sie ihm ein Mittel zu diesen frommen Zwecken ist, der ist ein Liebender für Allah. Darum heißt es in den Überlieferungen, daß die Aufwendung für Weib und Kind reich belohnt wird, bis zu dem Bissen, den der Mann in den Mund seines Weibes legt.

Ja, ich sage noch mehr: Jeder, der ganz ergriffen ist von der Liebe zu Allah und dem, was ihm gefällt, und der Sehnsucht, zu ihm zu kommen im Land der Ewigkeit, wenn immer er einen anderen liebt, so ist er ein Liebender für Allah. Denn es ist nicht denkbar, daß er irgend etwas liebe anders als darum, weil es bezogen ist auf das, was er liebt, Allahs Wohlgefallen.

Ja, ich sage noch mehr: Wenn in eines Menschen Herzen beide Arten der Liebe sich zusammenfinden, die Liebe zu Allah und die Liebe zur Welt, und die Bedinigungen für beide sich ihm in einer Person erfüllen, die ihm zugleich auf dem Wege zu Allah und in den Dingen der Welt ein Vermittler ist, und er dann diesen Menschen um dieser beiden Dinge willen liebt, so gehört er zu den Liebenden für Allah. Wenn so einer seinen Lehrer lieb hat, der ihn in der Gotteslehre unterweist und ihm zugleich die irdischen Sorgen abnimmt durch Versorgung mit Geld und Gut, und er ihn deshalb liebt, weil es in seiner Natur liegt, nach Ruhe in dieser und nach Glückseligkeit in jener Welt zu streben, und jener ihm zu beiden das Mittel ist, so ist er ein Liebender für Allah.

Es ist also nicht Bedingung für die Liebe für Allah, daß sie kein zeitliches Gut lieben dürfe. Werden doch auch in den Bittgebeten, die den Propheten anbefohlen wurden, Güter sowohl dieser wie jener Welt genannt. So heißt es in einem Gebet:

»Herr, gib uns Gutes in dieser und Gutes in jener Welt!«

Und Isa betete:

»Herr, laß meine Feinde nicht über mich frohlocken und meine Freunde nicht übel an mir tun, behüte mich vor Schaden im Glauben und laß die Welt nicht meine größte Sorge sein.«

Daß aber die Feinde nicht frohlocken sollen, das ist ein irdisches Gut. Er sagt auch nicht:

»Laß die Welt gar nicht meine Sorge sein«, sondern: »Laß sie nicht meine größte Sorge sein.«

Und unser Prophet betete:

»Herr, ich bitte dich um Erbarmen, dadurch ich die Ehre deiner Begnadung in dieser und in jener Welt erlange«

und:

»Herr, behüte mich vor Schaden in dieser und in jener Welt.«

Wenn die Liebe zur Glückseligkeit in der Ewigkeit der Gottesliebe nicht zuwiderläuft, warum sollte ihr denn die Liebe zu irdischen Gütern, wie Heil und Gesundheit, des Leibes Nahrung und Notdurft und Begnadung in dieser Welt zuwiderlaufen? Sind doch Zeit und Ewigkeit nur zwei verschiedene Stufen des Daseins, deren eine uns nur näher ist als die andere. Und wie könnte man sich denken, daß ein Mensch zwar auf sein Heil für den morgigen Tag, nicht aber auf sein Heil für den heutigen bedacht wäre? Er ist auf sein Heil für den morgigen Tag doch nur deswegen bedacht, weil es dann etwas Bleibendes sein wird und das Bleibende auch etwas Erstrebenswertes ist.

Nun zerfallen freilich die zeitlichen Güter in solche, die den ewigen Gütern zuwiderlaufen und ihnen hinderlich sind, das sind die, vor denen die Propheten und Awliya sich gehütet haben und vor denen sich zu hüten ihnen anbefohlen wurde, und solche, die ihnen nicht zuwiderlaufen und deren jene sich nicht enthalten haben, wie eine rechte Ehe, das Essen erlaubter Speisen und dergleichen. Was aber dem ewigen Heil zuwiderläuft, das wird der Vernünftige verabscheuen/hassen und nicht erstreben, das heißt verabscheuen/hassen mit der Vernunft, nicht von Natur; so, wie der Vernünftige es unterlassen wird, von der süßen Speise auf dem Tische eines Fürsten zu naschen, wenn er weiß, daß ihn das die Hand oder den Kopf kosten würde; nicht, als ob er von Natur kein Verlangen nach der süßen Speise trüge und ihr Genuß ihm kein Vergnügen bereiten würde, das ist unmöglich, sondern weil ihn die Vernunft von dem Zugreifen abhält und er den Schaden verabscheut/hasst, der damit verbunden ist.

Wir meinen also:
Wenn einer seinen Lehrer liebt, weil er ihn versorgt und ihn zugleich unterweist, oder seinen Schüler, weil dieser sich von ihm belehren läßt und ihn zugleich bedient, so daß er zugleich ein zeitliches und ein ewiges Gut durch ihn gewinnt, so gehört er zu den Liebenden für Allah. Freilich muß dann die Liebe auch wirklich geringer werden, wenn etwa der Lehrer den Schüler von der Wissenschaft abhält oder ihm das Lernen unmöglich macht, und dann ist der Teil der Liebe, der damit fortfällt, Liebe für Allah und wird als solche angerechnet. Daß die Liebe zu einem Menschen, dem man deswegen zugetan ist, weil man eine Reihe von Vorteilen durch ihn genießt, geringer wird, wenn ein Teil dieser Vorteile wegfällt, und größer, wenn ihre Zahl sich vermehrt, das ist ja nichts Befremdliches. Man hat auch nicht die gleiche Menge Gold und Silber gleich gern, deswegen, weil das Gold mehr Güter vermittelt als das Silber.

Es ergibt sich also:
Die Liebe nimmt zu entsprechend der Zunahme der vermittelten Güter; die Vereinigung von zeitlichen und ewigen Gütern ist nicht unmöglich, und die Liebe, die sich darauf gründet, gehört zu der Liebe für Allah.

Es läßt sich also sagen:
jede Liebe, die ohne den Glauben an Allah und die Ewigkeit nicht denkbar ist, ist Liebe für Allah; ebenso ist jede Zunahme der Liebe, die erst durch den Gottesglauben möglich wird, eine Zunahme der Liebe für Allah. Aber diese Feinheiten kommen selten genug vor.

(Quelle: Kimiya-i-Sadaat)

Al-Ghazali: Die zweite Art der Liebe

BISMILLAH-IR-RAHMAN-IR-RAHIM

Daß man einen Menschen liebt, um durch ihn zu etwas anderem außer ihm selbst zu gelangen, als Mittel also zur Erreichung eines anderen geliebten Gegenstandes, wie wir ja das Mittel, das zum Geliebten führt, selbst zu lieben pflegen. Wenn wir ein Ding um eines anderen willen lieben, so lieben wir zwar in Wahrheit jenes andere, doch ist uns auch der Weg zu ihm liebenswert.

Darum lieben die Menschen das Gold und das Silber, obwohl beide an und für sich nichts Begehrenswertes an sich haben, denn man kann sie weder essen noch sich damit bekleiden; doch sind sie ein Mittel, zu liebenswerten Dingen zu gelangen. So werden auch manche Menschen gleich dem Golde und Silber geliebt als das Mittel, durch das man zu Ehre oder Geld oder Wissen gelangt. So liebt man wohl den Herrscher, weil man Gewinn von dessen Reichtum und Würde hat, und liebt die Hofleute, weil sie einen bei dem Herrscher empfehlen und in Gunst bringen. Besteht nun der also erlangte Nutzen nur in rein zeitlichen Gütern, so ist solche Liebe keine Liebe für Allah; besteht er zwar nicht nur in zeitlichen Gütern, werden aber doch nur diese erstrebt, so wie bei der Liebe des Schülers zum Lehrer, so gehört sie auch nicht zu der Liebe für Allah. Denn der Schüler liebt den Lehrer um der Kenntnisse willen, zu denen er durch ihn gelangt, und sie sind der wahre Gegenstand seiner Liebe.

Wenn er nun diese Kenntnisse nicht erstrebt, um Allah näher zu kommen, sondern um Ehre und Geld und Ansehen beim Volke zu gewinnen, so ist eben diese Ehre und das Geld und das Ansehen bei den Leuten das eigentlich von ihm Geliebte, und die Kenntnisse sind nur das Mittel dazu und der Lehrer wiederum nur das Mittel zur Erlangung der Kenntnisse. In alledem ist nichts von Gottesliebe, denn alles das ist denkbar auch bei einem, der gar nicht an Allah glaubt. Nun zerfällt auch diese Liebe wieder in eine tadelnswerte und eine sittlich gleichgültige. Denn wenn sich damit tadelnswerte Zwecke verbinden, wie etwa der, durch Bekleidung des Richteramtes oder dergleichen die Mitmenschen sich zu unterjochen, das Gut der Waisen zu rauben und das Volk zu unterdrücken, so ist die Liebe tadelnswert. Ist aber der erstrebte Zweck sittlich gleichgültiger Art, so ist es die Liebe auch, denn das Mittel erhält Wertung und Bedeutung durch den Zweck, den es vermittelt.

(Quelle: Kimiya-i-Sadaat)

Al-Ghazali: Die erste Art der Liebe

BISMILLAH-IR-RAHMAN-IR-RAHIM

Daß du einen Menschen um seiner selbst willen liebst.
Das ist wohl möglich und besteht darin, daß der andere an sich dir lieb ist, das heißt, daß du dich freust, ihn zu sehen, mit ihm bekannt zu werden und Zeuge der Eigenart seines Wesens zu sein, und zwar darum, weil du es schön findest. Denn alles Schöne erregt bei dem, der die Schönheit wahrnimmt, Lust, und alles, was Lust erregt, wird geliebt. Das als schön Empfundene kann entweder die äußere Gestalt, das heißt die Schönheit des Leibes, oder die innere Gestalt sein, das heißt die Vollkommenheit der geistigen und die Schönheit der sittlichen Anlagen. Aus dieser folgt Schönheit des Handelns, aus jener Reichtum des Wissens.

Alles das empfindet der natürliche Geschmack und der gesunde Verstand als schön; und alles, was als schön empfunden wird, gewährt Lust und wird geliebt. Allein bei der Verbindung des Herzens gibt es noch etwas anderes, das geheimnisvoller ist als dies. Zuweilen knüpft sich ein festes Band der Liebe zwischen zwei Menschen ohne Anmut der Gestalt oder Schönheit des Leibes oder Geistes, sondern infolge einer inneren Verwandtschaft, die Freundschaft und Einklang bewirkt, weil das Ähnliche von Natur zum Ähnlichen hingezogen wird. Was aber da im Innern vorgeht, ist geheimnisvoll und hat unbegreifliche Ursachen, in die Einsicht zu gewinnen menschlicher Kraft versagt ist.

Dies meint der Gesandte Allahs, da er spricht:

»Die Geister sind wie ausgehobene Truppen; die sich bekannt fühlen, tun sich zusammen; und die sich fremd fühlen, streben voneinander fort.«

Das Sichfremdfühlen hat seinen Grund in einer inneren Verschiedenheit, das Sichzusammentun in einer inneren Verwandtschaft, die er hier »Sichbekanntfühlen« nennt. Nach einem anderen Wortlaut heißt es:

»Die Geister sind wie ausgehobene Truppen, sie schnuppern nacheinander in der Luft, wenn sie zusammenkommen.«

Ein gelehrter Mann hat dasselbe im Bilde ausgedrückt und gesagt:

»Allah hat die Geister in Gestalt von Kugeln erschaffen und jede Kugel in zwei Hälften geteilt, die den Sphärenthron umkreisen. Wenn nun zwei Hälften sich dort wiedererkennen und zusammenkommen, so finden sie sich auch auf dieser Erde wieder.«

Der Gesandte Allahs spricht:

»Die Geister der Gläubigen finden einander auf eine Tagereise weit, ohne daß einer den anderen je gesehen hat.«

Man erzählt: In Mekka gab es eine Frau, die den Weibern Späße vormachte, und in Medina gab es auch eine solche. Als nun einst die Mekkanerin nach Medina kam, stieg sie sogleich bei jener Medinerin ab. Eines Tages kam sie zu Aischa, der Frau des Propheten, um ihr ihre Späße vorzumachen. Da fragte sie Aischa, wo sie abgestiegen sei. Als sie den Namen ihrer Gefährtin nannte, sprach Aischa:

Wie recht hat doch der Gesandte Allahs gehabt, da er sagte: „Die Geister sind wie ausgehobene Truppen …“ < und wie es oben weiter heißt.

Sicher ist, daß Augenschein und Erfahrung solche Verbindungen auf Grund einer Verwandtschaft bezeugen; die Verwandtschaft der Naturen und Charaktere aber, sei es eine innerliche oder eine äußerliche, ist eine bekannte Sache. Welche Gründe aber diese innere Verwandtschaft bewirken, das zu verstehen ist menschlicher Einsicht versagt, und es bleibt nichts übrig, als die Tatsache anzuerkennen.

Das törichte Gerede der Sterndeuter freilich besagt, wenn das Horoskop eines Menschen im Sextilscheine oder im Gedrittscheine zu dein eines anderen Menschen stehe, so sei das der Aspekt der Gunst und Liebe und bewirke innere Verwandtschaft und Liebe zueinander; Opposition und Geviertschein aber bewirke Haß und Feindschaft. Doch wenn das wahr wäre und solches in der Gewohnheit des göttlichen Wirkens läge, so wäre dies noch schwieriger zu begreifen als die Tatsache der Verwandtschaft selbst. Aber es hat keinen Sinn, sich mit Dingen zu befassen, deren Geheimnis zu ergründen dein Menschen doch versagt ist, »denn nur ein Weniges ist uns vom Wissen gegeben’«, Erfahrung und Augenschein mag uns zur Anerkennung der Tatsache genügen.

Es sind darüber auch Überlieferungen auf uns gekommen.
Der Gesandte Allahs spricht:

»Wenn ein Gläubiger in eine Versammlung tritt, wo hundert Heuchler und ein Gläubiger sind, so wird er sich von selbst zu diesem setzen; und wenn ein Heuchler in eine Versammlung kommt, wo hundert Gläubige sind und ein Heuchler, so wird er sich von selbst zu dem Heuchler setzen.«

Das beweist, daß jedes Wesen von Natur zu dein ihm ähnlichen hingezogen wird, auch ohne etwas davon zu wissen.

Malik ibn Dinâr sagt:

«Nie halten zwei Gesellschaft miteinander, die nicht irgendeine Eigenschaft gemeinsam haben. Die Menschen sind wie die Vögel, keine Art fliegt mit der anderen, wenn nicht eine Verwandtschaft zwischen ihnen besteht. Eines Tages sah ein Mann einen Raben mit einer Taube zusammen sitzen und wunderte sich, daß sie zusammenhielten, obwohl sie nicht von derselben Art waren. Als sie aber aufflogen, zeigte es sich, daß beide lahm waren. Da sagte er: >Also darum halten sie zusammen.<»

Ein Weiser sagt:

»Jeder Mensch hält sich zu seinesgleichen, so wie jeder Vogel mit seiner Art fliegt. Wenn zwei noch so lange zusammen sind, werden sie sich doch wieder trennen, wenn sie nicht irgendeine Ähnlichkeit miteinander haben.«

So kann also ein Mensch wohl einen anderen um seiner selbst willen lieben, nicht weil er einen Nutzen von ihm erhofft, sondern allein infolge der geheimen Übereinstimmung und Verwandtschaft ihrer inneren Naturen und ihres verborgenen Wesens.

Hierzu gehört auch die Liebe zur Schönheit, sofern nicht die Befriedigung der Begierde damit erstrebt wird. Denn schöne Gestalten gewähren schon an und für sich Lust, auch wenn man sich die Begierde ganz fehlend denkt. Gewährt doch selbst der Anblick von Früchten und Blüten und Blumen und Äpfeln mit einem roten Hauch und von fließendem Wasser und grünem Gefilde Genuß, ohne daß ein weiteres Begehren dahinter steht.

Diese Liebe aber hat mit der Liebe für Allah nichts zu tun, sondern es ist eine natürliche Liebe, ein bloßer Trieb der Seele, der auch bei dem denkbar ist, der gar nicht an Allah glaubt. Nur ist zu bemerken, daß, wenn sich mit ihr eine tadelnswerte Nebenabsicht verbindet, sie selbst tadelnswert wird, wie die Liebe zu einer schönen Gestalt, wenn dabei die Befriedigung unerlaubter Begierde erstrebt wird. Ist das aber nicht der Fall, so ist sie sittlich gleichgültig und unterliegt keinem wertenden Urteil. Denn alle Liebe ist entweder lobens- oder tadelnswert oder keines von beiden, das heißt sittlich gleichgültig.

(Quelle: Kimiya-i-Sadaat)

Verblendetsein (الغُرور)

BISMILLAH-IR-RAHMAN-IR-RAHIM

 

Allah sagt:
…Darum soll das Leben dieser Welt euch nicht verführen, noch sollt ihr euch über Allah mit (eurem) Denken selbst täuschen.
[31:33]

Verblendung durch das irdische Leben
Ibn Qudama:
Viele Menschen lassen sich durch das irdische Leben verblenden und täuschen und sagen: Es ist besser, gleich etwas Gutes zu haben als darauf bis nach dem Tod warten zu müssen. D. h. sie wollen grundsätzlich auf nichts im irdischen Leben verzichten und wollen das Jenseits völlig außer Acht lassen. Dies ist die Verblendung der Kāfirūn.

Muslime, die zwar ans Jenseits Imān haben aber trotzdem ähnlich handeln, leiden unter einer ähnlichen Verblendung, wenngleich diese auch nicht so stark ist, da sie immerhin grundsätzlich das Jenseits beachten, was sich in manchen Dingen widerspiegelt, wie z. B. dass sie etwa zum Freitagsgebet gehen o. ä.

Beide Denkweisen sind aber falsch, denn es ist nicht besser, gleich im irdischen Leben alles genießen zu können – einschließlich sündhafte Dinge – und dann dafür im Jenseits möglicherweise ewig im Feuer zu sein, als die kurze Zeit des irdischen Lebens sich etwas einzuschränken, indem man die Gebote Gottes befolgt, um dann ewig im Paradies zu sein.
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Hochmut (الكِبْر)

BISMILLAH-IR-RAHMAN-IR-RAHIM

 

Definition von Hochmut (الكِبْر)
Hochmut (arab. kibr) ist, dass man sich selbst als etwas Besseres als die anderen Menschen betrachtet.

و حَدَّثَنَا مُحَمَّدُ بْنُ الْمُثَنَّى وَمُحَمَّدُ بْنُ بَشَّارٍ وَإِبْرَاهِيمُ بْنُ دِينَارٍ جَمِيعًا عَنْ يَحْيَى بْنِ حَمَّادٍ قَالَ ابْنُ الْمُثَنَّى حَدَّثَنِي يَحْيَى بْنُ حَمَّادٍ أَخْبَرَنَا شُعْبَةُ عَنْ أَبَانَ بْنِ تَغْلِبَ عَنْ فُضَيْلٍ الْفُقَيْمِيِّ عَنْ إِبْرَاهِيمَ النَّخَعِيِّ عَنْ عَلْقَمَةَ عَنْ عَبْدِ اللَّهِ بْنِ مَسْعُودٍ
عَنْ النَّبِيِّ صَلَّى اللَّهُ عَلَيْهِ وَسَلَّمَ قَالَ لَا يَدْخُلُ الْجَنَّةَ مَنْ كَانَ فِي قَلْبِهِ مِثْقَالُ ذَرَّةٍ مِنْ كِبْرٍ قَالَ رَجُلٌ إِنَّ الرَّجُلَ يُحِبُّ أَنْ يَكُونَ ثَوْبُهُ حَسَنًا وَنَعْلُهُ حَسَنَةً قَالَ إِنَّ اللَّهَ جَمِيلٌ يُحِبُّ الْجَمَالَ الْكِبْرُ بَطَرُ الْحَقِّ وَغَمْطُ النَّاسِ
Abdullah ibn Masud berichtet: „Der Prophet (s.a.s.) hat gesagt: „Keiner wird ins Paradies kommen, der auch nur im Gewicht eines Stäubchens Hochmut in seinem Herzen hat.“ Da sagte ein Mann: „Ein Mann will doch aber, dass sein Gewand schön ist und dass seine Schuhe schön sind“. Er (d. h. der Prophet (s.a.s.) sagte: „Allah ist schön und Er liebt die Schönheit. Hochmut aber ist, wenn man das Recht (bzw. die Wahrheit) missachtet und die Menschen geringschätzig betrachtet“.“

(Muslim (بَاب تَحْرِيمِ الْكِبْرِ وَبَيَانِهِ))

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Eingebildetsein (العُجْب)

BISMILLAH-IR-RAHMAN-IR-RAHIM

 

Definition von Eingebildetsein (العُجْب)
Eingebildetsein („Sich-toll-finden“) (العُجْب) bedeutet, dass man sich selber und seine eigenen Taten immer gut findet, egal ob sie wirklich gut sind oder nicht. D. h. man ist von sich voreingenommen. Im Unterschied zur Arroganz bzw. dem Hochmut erhebt sich der Eingebildete jedoch nicht über andere Menschen bzw. deren Taten.
Anas berichtet, dass der Prophet (s.a.s.) gesagt hat:

ثلاث مهلكات ، و ثلاث منجيات ، فقال : ثلاث مهلكات : شح مطاع و هوى متبع و
إعجاب المرء بنفسه . و ثلاث منجيات : خشية الله في السر و العلانية و القصد في
الفقر و الغنى و العدل في الغضب و الرضا
„…drei Dinge, die einen ins Verderben stürzen:

  • großer Geiz, dem man gehorcht,
  • Willkür, der man folgt und
  • dass man von sich selbst beeindruckt ist…“(1)

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Das Streben nach Ansehen (حب الجاه) und Augendienerei (الرياء)

BISMILLAH-IR-RAHMAN-IR-RAHIM

 

Ahmad berichtet:

حَدَّثَنَا يُونُسُ حَدَّثَنَا لَيْثٌ عَنْ يَزِيدَ يَعْنِي ابْنَ الْهَادِ عَنْ عَمْرٍو عَنْ مَحْمُودِ بْنِ لَبِيدٍ
أَنَّ رَسُولَ اللَّهِ صَلَّى اللَّهُ عَلَيْهِ وَسَلَّمَ قَالَ: إِنَّ أَخْوَفَ مَا أَخَافُ عَلَيْكُمْ الشِّرْكُ الْأَصْغَرُ قَالُوا وَمَا الشِّرْكُ الْأَصْغَرُ يَا رَسُولَ اللَّهِ قَالَ: الرِّيَاءُ يَقُولُ اللَّهُ عَزَّ وَجَلَّ لَهُمْ يَوْمَ الْقِيَامَةِ إِذَا جُزِيَ النَّاسُ بِأَعْمَالِهِمْ اذْهَبُوا إِلَى الَّذِينَ كُنْتُمْ تُرَاءُونَ فِي الدُّنْيَا فَانْظُرُوا هَلْ تَجِدُونَ عِنْدَهُمْ جَزَاءً
Mahmud bin Labid berichtete: Der Gesandte Allahs (s.a.s.) hat gesagt: „Was ich am meisten für euch fürchte ist der kleine Götzendienst (arab. schirk)“, worauf sie fragten. „Was ist denn der kleine Götzendienst, o Gesandter Allahs?“, worauf er sagte: „Die Augendienerei (arab. rijā‘). Allah, der Erhabene, wird am Tag der Auferstehung, wenn den Menschen ihre Belohnung für ihre Taten gegeben wird, sagen: „Geht zu denen, für die ihr im irdischen Leben eure Taten verrichtet habt und schaut mal, ob ihr eine Belohnung von ihnen bekommt!“.“

(Ahmad 5/228 und 229 / Al-Basjuni und Albani sagen sahih)

Ibn Qudama sagt sinngemäß:
„Völlig sicher vor dem Nachgeben dieses verborgenen Triebs – dass man etwas um der Menschen Willen macht – sind nicht einmal die großen Gelehrten, ganz zu schweigen von den gewöhnlichen Gottesdienern.
Mit dieser Krankheit werden die Gelehrten und die ernsthaften Gottesdiener, die sich bemühen, das Jenseits zu begehren, geprüft.
Denn nachdem sie ihr Ego und ihre Triebe so gezähmt haben, dass sie kein Verlangen mehr nach den äußeren Sünden verspüren, findet das Ego auf einmal Genuss am Zurschaustellen von Wissen und (guten) Taten. Das Ego findet in der Anerkennung und dem Respekt der Menschen einen Ausweg aus der Härte des Selbsttrainings (arab. mudschahada) und fängt an, dies zu genießen …
Ein solcher Mensch wähnt sich selbst aufrichtig (arab. mukhlis) vor Allah zu sein, und ist dabei (bei Allah) im Katalog der Heuchler eingetragen.
Vor dieser Schliche ist niemand gefeit außer den Gott Nahestehenden (arab. muqarrabūn). Und aus diesem Grund wird gesagt: Das letzte, was aus den Köpfen der Siddiqūn (diejenigen, die stets die Wahrheit sagen; die Wahrhaftigen) austritt, ist die Liebe dazu, die Führung inne zu haben (d. h. die Liebe dazu, „der Chef zu sein“).“

„Wenn dies also eine verborgene Krankheit ist, welche die größte aller des Teufels ist, muss man die Gründe, das Wesen und die Arten dieser Krankheit ausführlich erläutern“.
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Geiz und Liebe zum Besitz

BISMILLAH-IR-RAHMAN-IR-RAHIM

 

Die zwei Seiten von Geld und Besitz
Ibn Qudama:
Wisse, dass das Geld an sich nicht schlecht ist, sondern nur dann zu einem Übel wird, wenn der Mensch falsch damit umgeht.
Falsch damit umgehen kann Folgendes sein:

  1. Übermäßige Gier nach Geld haben
  2. Es von einer Quelle bekommen, die nicht erlaubt ist (wie z. B. durch Diebstahl, Betrug usw.)
  3. Das Geld zurückhalten, wo man die Pflicht hätte, es auszugeben (z. B. keine Zakat zahlen, wenn man zakatpflichtig ist)
  4. Das Geld ausgeben für etwas, wo man es nicht ausgeben darf oder soll (z. B. Verschwendung betreiben oder verbotene Dinge damit finanzieren)
  5. Mit seinem Geld und Besitz angeben und protzen.

Deswegen sagt Allah:

Wahrlich, euer Besitz und eure Kinder sind eine Prüfung. [8:28]
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