Imam al-Ghazali über Aqidah und Kalam (8. Teil)

Fortsetzung des 7. Teils dieser Reihe.

Sodann …


In diese Klasse gehören auch die folgenden Verse:

„Zwei Männer , der eine ein Schneider , ein Weber der andere , stehen einander gegenüber im Sternbild der Jungfrau. Jener webt unaufhörlich den Riss eines Rückwärtsgehenden und es näht sein Genosse die Kleider des Vorwärtsgehenden.“

Hier wird eine astronomische Erscheinung ausgedrückt durch das Vorwärts- und rückwärtsgehen zweier Handwerker. [Es folgen ähnlich Beispiele die nicht aufgeführt werden]

Dass in solchen Fällen ein vom äusseren verschiedener Sinn vorliegt lehrt entweder die Vernunft oder die Offenbarung, ganz unmöglich ist, wie z.B. im Ausspruch des Propheten:

„Das Herz des Gläubigen ist zwischen zwei Finger des Barmherzigen“

; denn wenn wir die Herzen der Gläubigen untersuchen , so finden wir darin keinen Finger. Daraus ergibt sich, dass es nur ein bildlicher Ausdruck für die Allmacht Allahs ist, die hier im Grunde gemeint ist. Und der Ausdruck „Finger“ wurde gewählt , weil das ein besonders drastisches Mittel ist, um ein Begriff von der Vollkommenheit Seiner Macht zu geben.

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Imam al-Ghazali über Aqidah und Kalam (7. Teil)

Fortsetzung des 6. Teils dieser Reihe.

Sodann …

 

Was vielmehr die Geheimnisse betrifft, deren Erkenntnis den Mukarrabun (Nahgestellten) im Unterschied von den meisten anderen ausschliesslich vorbehalten ist und die sie nicht mitteilen dürfen, so lassen sich im ganzen fünf Fälle unterscheiden:

1. Die Sache ist in sich so subtil, dass der Verstand der meisten unfähig ist, sie zu begreifen. Diese aber dürfen sie den Unfähigen nicht mitteilen, damit es ihnen wegen ihrer beschränkten Auffassungsgabe nicht zur Versuchung werde. Hierher gehört über die Tatsache, dass der Prophet sich nicht darauf eingelassen hat, über das Wesen des Geistes (der Seele, arabisch : Ruh) eine Erklärung abzugeben (vgl. Sure 17/87); denn sein Wesen zu erfassen und sich vorzustellen sind die Verstandeskräfte unfähig. Du darfst aber nicht meinen, sein Wesen sei auch dem Propheten verborgen geblieben. Denn wer den Geist (Seele) nicht erkennt, ist, als ob er sich selbst nicht erkennte, wie kann er da seinen Herrn erkennen ?

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Imam al-Ghazali über Aqidah und Kalam (6. Teil)

Fortsetzung des 5. Teils dieser Reihe.

Sodann …


Der von Ibn Abbas (Allahs Wohlgefallen mit ihm) überlieferte Disput mit den Harijiten und der von Ali (Allahs Wohlgefallen mit ihm) über die Prädestination war ein klarer und deutlicher Kalam und notwendig am Platze. In einem solchen Falle ist er immer lobenswert.

Nun ist allerdings das Maß des Bedürfnisses je nah den Zeiten verschieden. Es ist daher nicht befremdlich, dass auch sein Geltungsbereich danach verschieden ist. Dieser erstreckt sich auf das für den Menschen verbindliche Glaubensbekenntnis und die Methode, es zu verteidigen und zu behüten. Was aber die Beseitigung der Zweifel anlangt, die Enthüllung der Wahrheit, die Erkenntnis des Wesens der Dinge, wie sie sind, und das Verständnis der Geheimnisse, auf die der Wortsinn jenes Glaubensbekenntnisses hinweist, so gibt es keinen Schlüssel hierzu als den geistlichen Kampf und die Bezähmung der Leidenschaften, ferner die gänzliche Hingabe an Allah dem Erhabenen und dass man Ihm anhange mit einem Sinn, der rein ist von den Makeln des Schulgezänkes.

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Imam al-Ghazali über Aqidah und Kalam (5. Teil)

Fortsetzung des 4. Teils dieser Reihe.

Sodann …


Wenn ihm das genügt, so lässt man es dabei bewenden, hilft es aber nicht, dann ist das Übel chronisch geworden und die Krankheit nimmt immer weiter überhand. Da muss ihn der Arzt mit möglichster Milde und Schonung behandeln und das weitere dem Allerhöchsten anheimstellen, sei es, dass ihm durch göttliche Eingebung die Wahrheit enthüllt werde oder dass er im Zweifel verharre, solange es ihm vorherbestimmt ist. Vom Maße dessen also, was das genannte Buch und ähnliche Werke enthalten, lässt sich Nutzen ziehen für ihn erhoffen; über dieses Maß hinaus gibt es zwei Möglichkeiten:

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Imam al-Ghazali über Aqidah und Kalam (4. Teil)

Fortsetzung des 3. Teils dieser Reihe.

Sodann …

 

Was seinen Nutzen betrifft, so meint man, er liege darin, dass er die Wahrheit ans Licht bringt und die Dinge sehen lässt, wie sie sind. Aber leider versagt der Kalam in der Erfüllung dieser hehren Aufgabe; er stiftet vielleicht mehr Verwirrung und Irrtum, als er Aufklärung und Verständnis bringt.

Wenn du eine solche Rede von einem Traditionisten [Hadithgelehrten] oder Hasawi hören würdest, könntest du wohl meinen, die Leute bekämpfen eben das, was sie nicht verstehen. So vernimm denn das Folgende von einem Manne, der im Kalam beschlagen ist und nun einen Hass gegen ihn gefasst hat, nachdem er ihn aufs Gründlichste erprobt, in alle seine Tiefen eingedrungen und die höchste Stufe der Mutakallimun erreicht, der darüber hinaus sich in anderen Wissenschaften vertiefte, die mit dem Kalam sich berühren, und der die feste Überzeugung gewonnen hat, dass der Weg zur Kalam wenigstens in einigen Fragen Licht und Aufklärung und Verständnis gebracht, aber das ist nicht viel und betrifft offenkundige Dinge , die du vielleicht schon verstehst, ehe du dich in die Kunst des Kalams vertiefst.

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Imam al-Ghazali über Aqidah und Kalam (3. Teil)

Fortsetzung des 2. Teils dieser Reihe.

Sodann …

 

Dem ist aber folgendes entgegenzuhalten:

Wenn sie sich so wenig damit abgaben, so geschah es , weil sie nur geringe Veranlassung dazu hatten, da in jener Zeit die Irrlehrer noch nicht aufgetreten waren. Und das die Kürze anlangt, so handelt es sich eben darum, den Gegner zum Schweigen zu bringen, ferner die Wahrheit herauszustellen und die Zweifel zu zerstreuen. Wenn nun der Gegner viele Einwürfe vorbringt und immer wieder insistiert, so währt es natürlich lange, ihn ad absurdum zu führen. Auch sie grenzten das Maß des Bedürfnisses nicht mit Waage und Elle ab, nahem es einmal gegeben war.

Und was den Punkt anlangt, dass sie es nicht unternahmen, den Gegenstand schulmässig zu lehren und darüber zu schreiben, so taten sie das auch in er Rechtswissenschaft, Exegese und Traditionslehre nicht. Wenn es also erlaubt ist, das Recht schriftlich darzustellen und ungewöhnliche Fälle zu konstruieren, die nur selten vorkommen, entweder um sie bereitzuhalten für en Tag, wo sie wirklich eintreten, wenn dass auch selten ist, oder um den Verstand zu schärfen – nun, auch wir arbeiten die Methode der Kontroverse aus in der Erwartung, dass das Bedürfnis danach sich einstellen werde, sei es, dass Zweifel sich erheben oder eine Irrlehre entsteht, oder wir tun es, um den Verstand nicht in Verlegenheit komme, wenn er einmal unvorbereitet aus dem Stehgreif antworten muss, so wie man ja auch die Waffen vor dem Kampfe für den Tag des Kampfes in Bereitschaft hält. Das sind also die Gründe, die man für die beiden entgegngesetzten Ansichten vorbringen kann.

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Imam al-Ghazali über Aqidah und Kalam (2. Teil)

Fortsetzung des 1. Teils dieser Reihe.

Sodann …

 

Die Vertreter der entgegengesetzten Ansicht aber argumentieren folgendermaßen:

Wenn der Kalam deswegen verpönt sein soll, weil darin die Worte wie Substanz und Akzidens vorkommen, also fremdartige technische Ausdrücke, welche die Gefährten nicht kannten, so ist die Antwort sehr naheliegend. Gibt es ja keine Wissenschaft, in der nicht zum Zwecke der Verständigung gewisse Termini neu geschaffen werden müssten.; so ist es in der Traditionskunde, in der Schrifterklärung, in der Rechtswissenschaft der Fall. Und wenn den Alten ein Ausdruck unterkäme wie nahkd, kasr tarkib, fasad al-wad, so würden sie auch diese nicht verstehen.

Mit der Prägung eines neuen Ausdruckes zur Bezeichnung eines richtigen Begriffes ist es genau so wie mit der Verfertigung von Gefässen ungewohnter Form zu einem erlaubten Zweck. Wenn man aber an dem Sinn der neuen Ausdrücke Anstoss nimmt, so entgegnen wir, dass wir darunter nichts anderes verstehen als die demonstrative Erkenntnis der zeitlichen Entstehung der Welt, der Einheit des Schöpfers und seiner Eigenschaft , wie es in der Offenbarung enthalten ist.

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Imam al-Ghazali über Aqidah und Kalam (1. Teil)

BISMILLAHI-R-RAHMANI-R-RAHIM

Es folgt eine mehrteilige Abhandlung zum Thema „Aqidah und Kalam“ vom großen Gelehrten Imam Abu Hamid Muhammad ibn Muhammad al-Ghazali -Allah sei ihm gnädig-. Sie entstammt aus seinem gewaltigen Hauptwerk Ihya Ulum ad-Diin und wurde 1912 von Hans Bauer (einem Orientalisten) in die deutsche Sprache übersetzt, die Übersetzung kann also durchaus spezifische Schwächen aufweisen.
Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass ich diesen Text hier nicht veröffentliche weil ich mit den Ansichten und Meinungen des Gelehrten in dieser Hinsicht übereinstimme – dass ist nämlich keines Falls so – sondern weil ich seine Darstellung der Meinungen sehr aufschlussreich finde. Was jeder Einzelne aus diesem Text für Weisheiten zieht ist ihm selbst überlassen.

Sodann:

 

Wenn du nun fragst: was ist also vom Studium der spekulativen Theologie (Kalam) zu halten ?

Ist es zu verwerfen wie die Astrologie oder ist es etwas Indifferentes oder ein löbliches Werk, so wisse, dass es hierin Einseitigkeiten und Übertreibungen in verschiedener Hinsicht gibt.

Die einen erklären es für Neuerung und für schlechthin verboten.

„Wenn der Mensch mit allen Sünden, ausgenommen en Götzendienst, vor Allah komme, so sei es besser für ihn als er komme mit Kalam.“

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Imam al-Ghazali: Von den Übeln des Disputierens und Mahnens

BISMILLAH-IR-RAHMAN-IR-RAHIM

Das folgende ist ein Schreiben von Imam al-Ghazali -Allah sei ihm gnädig-, das von den Übeln des Disputierens (Diskutierens) und Mahnens handelt und erläutert, inwieweit daran verwerfliche Triebe teilhaben.

 

Im Namen Allahs, des Allerbarmers, des Barmherzigen.

Rat zu erteilen und Rat zu begehren, ist beides ein Leichtes. Schwierig ist es Rat anzunehmen, insbesondere für jemanden, der nach Wissen und Vorzügen strebt und glaubt, dass es genüge, zu wissen, und der zu handeln versäumt, obgleich er dessen doch zu allererst bedarf, da die Beweise für seinen Fall vorhanden sind, denn:
„Derjenige, der am Tage der Auferstehung unter allen Menschen am meistender Qual ausgesetzt sein wird, ist ein mit Wissen begabter, dessen Wissen vor Allah ohne Nutzen ist.!“

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